Schmerzen haben ist einfach das Letzte. Sie sind einfach das Unangenehmste, was wir uns vorstellen können – egal, ob es sich um körperliche oder psychische Schmerzen handelt. Darum haben wir alle im Leben vor allem einen Wunsch: Schmerzen vermeiden und Wohlgefühl erreichen.
Doch so groß der Wunsch auch ist: Oft genug lassen sich Schmerzen einfach nicht vermeiden. Sie sind da – im einfachsten Fall in Form von Bauch- oder Kopfschmerzen. Weil dieser in der Regel wieder relativ schnell verschwinden, sind sie auf lange Sicht betrachtet vielleicht nicht wirklich schlimm. Kurzfristig betrachtet sind sie aber nicht nur absolut unangenehm und nervig. Sie bringen auch unseren Alltag und unsere Arbeit durcheinander. Und wir wünschen uns natürlich, diese Schmerzen überwinden zu können.
Doch wie soll das gehen? Wie können wir Schmerzen überwinden, ohne dabei auf die Hilfe von Medikamenten zurückgreifen zu müssen?
Eine Möglichkeit, um Schmerzen zu überwinden und zu beseitigen, habe ich in meinem Philosophie-Studium gelernt, von einem meiner Professoren. Er war auf Logik spezialisiert und auch auf Buddhismus. So interessierte er sich also nicht nur für abstrakte Themen, sondern versuchte auch, uns etwas für unser Leben mitzugeben, also einen praktischen Nutzen zu vermitteln.
Eines Tages sprachen wir über die buddhistische Philosophie, mit der er sich sehr intensiv beschäftige und in dem Zusammenhang sagte er einen Satz, der mich dazu brachte, wirklich nachzudenken:
„Es gibt Menschen, die große Schmerzen haben – aber sie leiden nicht darunter“.
Was für eine seltsame Aussage! Wie soll man bitteschön nicht darunter leiden, wenn man große Schmerzen hat? Der Schmerz wird doch erst durch das Leiden definiert, oder? Wenn ich nicht leide, kann ich auch keinen Schmerz empfinden. Also wie soll das bitteschön gehen?
Ich fragte natürlich damals meinen Professor, wie er das meinte, und er bemühte sich auch, seine Aussage zu begründen. Doch so sehr er auch versuchte, mir den Satz zu erklären: Verstehen konnte ich weder den Satz noch seine Erklärungen dazu richtig.
So viel verstand ich aber immerhin, und er selbst bestätigte es mir auch: Diese geheimnisvolle Aussage war nichts, das man so erklären konnte. Man musste es selbst erfahren. Das wollte ich ehrlich gesagt nicht, und trotzdem:
Ich sollte die Gelegenheit bekommen, Erfahrungen zu sammeln…
Einige Monate vergingen. Ich hatte schon die Aussage ganz vergessen, als ich eines Nachts von heftigen Magenschmerzen aufwachte. Ich hatte nichts Spezielles gegessen. Alles war wie immer. Und doch rissen sie mich schlagartig aus meinem wohligen Schlaf: Magenschmerzen, die so schlimm waren, dass ich nicht wusste, ob sie letztlich vom Magen, Rücken oder gar vom Herzen kamen. Ich dachte zuerst, dass ich einen Herzinfarkt hatte, bemerkte aber dann, dass es doch von den Magenkrämpfen kam.
Was sollte ich also in dieser Situation tun? Ich hatte schon seit vielen Jahren keine Magenprobleme mehr gehabt und natürlich auch keine Medikamente oder pflanzlichen Mittel im Haus. Das einzige „Hausmittel“ bestand darin, mich ruhig hinzulegen und zu hoffen, dass diese Krämpfe schnell wieder vorbeigehen würden und -falls das nicht der Fall war- einen Krankenwagen zu rufen.
Während ich so da lag, ging mir vieles durch den Kopf. Ich dachte mir:“ Na gut, Du hast diese Schmerzen. Versuche, wenigstens etwas Positives daraus zu ziehen und zu schauen, ob Du kraft Deines Geistes etwas gegen diesen Schmerz tun kannst“. Und wenn Du Erfolgsspurt schon kennst, weißt Du, dass ich wirklich viel von der Kraft des Geistes halte. Also machte ich mich daran zu schauen, ob ich etwas dagegen tun kann. Doch wie geht man da vor?
Vier Schritte, die mir halfen, die Schmerzen zu ertragen
Zunächst versuchte ich es damit, mich zu fragen, was genau dieser Schmerz konkret ist. In einem ersten Schritt fragte ich also viel. Wie „fühle“ ich den Schmerz, wo steckt er, was macht er mit mir? Wie fühlt es sich an, ein „Brennen“ in der Magengegend zu haben?
Der zweite Schritt war, den Schmerz nicht nur zu untersuchen, sondern zu bewerten. Zu fragen: Was ist denn jetzt schlimm daran, diese Schmerzen zu verspüren? Was genau ist „das Schmerzhafte am Schmerz“? Ich erkannte in diesem Schritt, dass nicht ich der Schmerz war, sondern er nur etwas ist, das einem anhängt. Wie eine Fliege, die nervt, aber die man ignorieren kann.
Der dritte Schritt war es, mir bewusst zu machen, dass dieser Schmerz nur vorübergehend ist. Man ist nicht immer derselbe Mensch: Geisteszustände und Emotionen wechseln sich permanent ab. Und wenn man weiß, dass dieser Zustand auch ein Ende hat, wird er deutlich erträglicher.
Der vierte Schritt war, mich vom Schmerz zu lösen. Nachdem ich also für mich den Schmerz definiert und gesehen hatte, was für mich schlimm daran war, sagte ich mir: Wenn nicht ich der Schmerz bin und wenn dieser Schmerz nur etwas Äußerliches ist, dann muss ich mich damit nicht weiter befassen. Er kann so nebenher mitlaufen, aber ich muss nicht mehr unter ihm leiden, weil er mir kein Leid verursachen kann.
Ob Du es glaubst oder nicht: In dieser Nacht erhielt ich endlich eine Antwort auf die Frage, was mein Professor wohl gemeint hatte. Schon nach kurzer Zeit waren die Schmerzen zwar nicht weniger intensiv – dafür aber erträglich. Dadurch erlebte ich, dass ich sehr wohl Schmerzen haben kann, ohne unter ihnen „leiden“ zu müssen. Und das war eine Erfahrung, die mein Denken nachhaltig veränderte.
Warum Schmerzen auch etwas Gutes haben
Schmerzen sollen etwas Gutes sein? Wahrscheinlich bist Du gerade genauso verwirrt über diese Aussage, wie ich es damals bei dem Satz meines Professors war. Im ersten Moment hört sich ein Leben ohne Schmerzen wie ein Leben im Paradies an. Insbesondere für die knapp 16 Millionen Menschen in Deutschland, die an chronischen Schmerzen leiden, wäre dies eine lang erwartete Erlösung von ihrem Leiden.
Doch Schmerzen gehören nun einmal zum menschlichen Leben dazu. Sie sind ein von der Natur eingerichteter Schutzmechanismus, der uns vor größeren Gefahren beschützen soll. Rein medizinisch gesehen sind Schmerzen in erster Linie eine Erregung von freien Nervenverbindungen unter der Einwirkung von Druck, Temperatur oder chemischen Reaktionen.
Ganz gleich, ob es sich um körperliche oder seelische Schmerzen handelt, jeder Schmerz kann auf diese medizinische Sichtweise zurückgeführt werden. Auch die seelischen Schmerzen sind in erster Linie durch eine Beeinträchtigung des hormonellen Gleichgewichts verursacht, sei es durch Liebeskummer, Trauer oder andere negative Ereignisse ausgelöst.
Der Schmerz an sich hat nicht die Aufgabe, Dich zu quälen oder Dich leiden zu lassen – in erster Linie soll er Dich beschützen. Vielleicht hast auch Du als kleines Kind auf eine heiße Herdplatte gefasst? Der dabei entstehende Schmerz durch die Hitze hat Dich Deine Hand aber sofort wieder zurückziehen lassen und damit schlimmere Verletzungen durch Verbrennungen der Haut verhindert.
Ähnlich ist es bei seelischen und psychischen Schmerzen. Sie sind Teil des normalen Verarbeitungsprozesses und sollen uns außerdem vor eventuellen ähnlichen Ereignissen in der Zukunft beschützen. So ist der erste Liebeskummer im Jugendalter wohl immer der schmerzhafteste. Doch wir lernen damit umzugehen, denn es wird nicht das letzte Mal im Leben gewesen sein.
Diese Erkenntnis, den Schmerz auch als etwas Positives zu sehen und daraus Lehren zu ziehen, ist ein wichtiger Baustein, um ihn erträglich zu machen. Schmerz per se solltest Du also nicht immer nur negativ sehen, da diese Sichtweise das Leiden noch verschärft.
Verstehe mich hier bitte nicht falsch. Ein bloßes Aushalten oder gar Ignorieren von Schmerzen ist nicht der richtige Weg, um mit ihnen umzugehen. Denn ignorierst Du die Schmerzen und versuchst einfach weiterzuleben wie bisher, nimmst Du ihnen die wichtige Schutzfunktion, die sie eigentlich für dich und deinen Körper ausführen sollen.
Insbesondere bei körperlichen Schmerzen sollte natürlich auch immer die Ursache fachmännisch geklärt werden. Nur so können womöglich schlimmere Verletzungen oder Schädigungen im Körper verhindert werden. So können beispielsweise Schmerzen in der Bauch- und Leistenregion ein Anzeichen für einen entzündeten Blinddarm sein, welcher bei Nichtbehandlung im schlimmsten Falle zum Tod führen kann. Doch aufgrund von Ärztemangel ist das nicht überall immer sofort möglich.
Mit den oben beschriebenen Schritten kannst Du aber das eigene Leiden unter den Schmerzen für dich selbst reduzieren und so besser mit ihnen umgehen. Gerade bei Schmerzen eines längeren Heilungsprozesses nach einer Verletzung oder gar bei chronischen Schmerzen bietet Dir dies einen Umgang mit den Schmerzen zu erlernen, der Dich Deinen Alltag erleichtern und auch wieder entspannen lässt.
Fazit
Mir ging es in diesem Artikel darum, Dir zu zeigen, dass es meiner Erfahrung nach einen Weg gibt, der Dir helfen kann, mit Schmerzen umzugehen.
Verstehe bitte: Ich habe größten Respekt vor körperlichen Schmerzen und Krankheit. Ich will sicherlich nicht behaupten, dass ich irgendein Allheilmittel gegen Schmerzen gefunden habe, oder dass Du nie mehr unter Schmerzen leiden musst oder irgendeinen anderen Quatsch.
Ich weiß, dass es Menschen gibt, die größte Schmerzen haben. Es wäre schlicht unverschämt ihnen gegenüber, wenn ausgerechnet ich ihnen einen Ratschlag geben würde, der ich gerade mal irgendwann ein paar Magenkrämpfe hatte, die sich gegen ihre Schmerzen lächerlich ausnehmen.
Ich wollte Dir aber eine Erfahrung mitteilen, die mir selbst geholfen hat. Vielleicht ist es Dir auch nützlich, wenn Du eines Tages mal in derselben Situation bist. Ich hoffe, dass ich Dir damit einen adäquaten Weg zeigen konnte, wie Du besser mit Schmerzen umgehen kannst, ganz gleich, ob sie körperlicher oder seelischer Natur sind.
Neu ist meine Erfahrung im Übrigen auch nicht: Praktizierende Buddhisten gehen seit Jahrtausenden mit den Problemen auf eine ähnliche Art und Weise um. Und um buddhistische Philosophie ging es auch in jenem Seminar, in dem mein Professor diesen Satz sagte: „Es gibt Menschen, die große Schmerzen haben, ohne unter ihnen zu leiden“.
Wie gehst Du mit Schmerzen um? Denkst Du, dass man Schmerzen haben kann, ohne unter ihnen leiden zu müssen? Oder bist Du der Ansicht, dass das nicht funktioniert und Schmerzen immer sehr leidvoll sind? Und hast Du eine eigene Methode gefunden, um mit Schmerzen umzugehen? Teile mir gerne deine Erfahrungen mit. Ich freue mich auf jeden Fall über Deine Antwort!
Inhaltsverzeichnis